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Die Antinomien der Demokratie - Tapa blanda

 
9783593399850: Die Antinomien der Demokratie
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Freiheit und Gleichheit, Volkssouveränität und Repräsentation, Individuum und Gemeinschaft - sechs Paare solcher nicht aufzulösenden Gegensätze bilden in dieser Studie den roten Faden in der Betrachtung zentraler Streitpunkte der Demokratie von der Antike bis zur Gegenwart. Der normative Anspruch der Demokratie erschließt sich uns erst dann, so Hidalgo, wenn wir sie an der Anerkennung der Gleichrangigkeit ihrer widersprüchlichen Ideale messen: Die antinomische Struktur wird so zum Maßstab authentischer Demokratie. Der Autor erprobt die politische Relevanz seiner Untersuchung zudem an aktuellen demokratietheoretischen Debatten, etwa am Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Religion oder an der angeblichen postdemokratischen Bedrohung.

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L'autore:
Oliver Hidalgo, Dr. phil., ist Privatdozent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Regensburg.
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Einleitung


Die Umstrittenheit der Demokratie


Die theoretische Beschäftigung mit der Demokratie ist gekennzeichnet durch das Auffinden von Widersprüchen und Aporien. Wie Konstitutionalismus und Rechtsstaatlichkeit den demokratischen Prozess gleichzeitig begrenzen wie aus ihm hervorgehen sollen (Habermas), scheint ebenso wenig plausibel wie die zweifelhafte Synthese aus Volkssouveränität und repräsentativen Entschei-dungsverfahren (Sieyès, Kant), die Vereinbarkeit von individuellen und kollektiven Ansprüchen (Rawls) oder die Äquivalenz zwischen Freiheit und Gleichheit (Rousseau). Die wechselvolle Geschichte des Demokratiebegriffs zeigt andererseits, dass der immense Erfolg des Konzepts vor allem mit seinem Potential zu tun haben dürfte, höchst unterschiedliche politische Ideen und sozialhistorische Realitäten unter ein und demselben Terminus zu subsumieren. Die theoretische Schwäche der Demokratie scheint sich demnach in der Praxis gerade in ihre größte Stärke zu verwandeln und ihrer Idee eine legitimierende Kraft zu verschaffen, die im Konzert der politischen Begriffe ihresgleichen sucht.


Die Schattenseite dieser Einsicht ist zweifelsohne, dass die Apperzeption der Demokratie an Präzision eingebüßt hat oder vielleicht auch noch niemals präzise war. Kaum ein Staat auf der Erde würde sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch explizit als ›anti-demokratisch‹ titulieren. Gleichzeitig verschwimmen die Kriterien, nach denen sich ›wirkliche‹ Demokratien von Systemen unterscheiden ließen, die mit Hilfe des divergent interpretierbaren Demokratiekonzepts lediglich ihren autoritären (oder gar totalitären) Charakter kaschieren - sofern man darunter Begriffe versteht, die vom Attribut "demokratisch" überhaupt eindeutig unterscheidbar sind. Aus der bloßen Berufung auf die Demokratie ist - wie die ideologischen Kämpfe des 19. und 20. Jahrhunderts schmerzlich zeigten - in der politischen Praxis jedenfalls wenig Substanz abzuleiten.


Um in dem undurchdringlichen Dickicht der Komplexität und Vieldeutig-keit des Demokratiebegriffs einigermaßen den Überblick zu behalten, wird nach wie vor gern auf die historische Erfolgsgeschichte der Demokratie in den OECD-Ländern verwiesen. Mögen die eingangs erwähnten Widersprüche theoretisch auch einleuchten und in der Praxis zu erheblichen Differenzen in der konkreten Ausgestaltung demokratischer Systeme führen, so habe sich doch in Europa, Amerika und einigen weiteren Ländern empirisch ein allgemeiner Maßstab herausgebildet, der zur Messung des Demokratiegehalts von anderen, ›neuen‹ Demokratien geeignet ist. Doch selbst wenn man solche Messungen derart akkurat, breit angelegt und intersubjektiv nachprüfbar durchführt wie Arend Lijphart in seiner bahnbrechenden Studie Patterns of Democracy (1999), offenbart sich an ihnen vor allem eines: dass "Demokratie" sehr vieles sein kann, die verschiedenen Systeme nur bedingt miteinander vergleichbar sind, manche Beispiele (wie die Schweiz) zu den übrigen Befunden nicht recht passen wollen sowie notgedrungen immer nur bestimmte, zu operativen Zwecken eingeschränkte Untersuchungskriterien in die einschlägigen Studien einfließen. Bedenkt man außerdem, dass etwa 1961 die (staats- statt volkssouveräne) kemalistische türkische Republik zu den Gründungsmitgliedern der OECD zählte (während Indien bis heute dem Kreis nicht angehört), dass weiterhin Russland 2007 zu Beitrittsgesprächen eingeladen und selbst mit China die Zusammenarbeit im Hinblick auf eine mögliche Mitgliedschaft vereinbart wurde, so schmälert dies mit Sicherheit den Orientierungsgehalt, den die OECD in punkto Demokratie zu bieten vermag. Überhaupt weisen Lijpharts 36 Länder, die er 1999 in den erlauchten Kreis der Demokratien aufnahm, zwar deutliche Überschneidungen mit den OECD-Staaten auf, sie sind aber keineswegs mit ihnen kongruent, insbesondere da auch einige ärmere Länder des Südens in der Studie auftauchen. Dies sowie demokratische Entwicklungen in Asien (Südkorea, Indonesien), Afrika (Namibia, Südafrika) und seit Neuerem auch im arabischen Raum lassen die Demokratie mittlerweile immer weniger als einen Klub erscheinen, der auf das soziokulturelle Fundament des christlichen Abendlandes angewiesen wäre.


Analog wird heute verstärkt moniert, dass es sich bei den sozialen und poli-tischen Transformationsprozessen außerhalb des Westens keineswegs um Kon-vergenzbewegungen zu ein und derselben Demokratieidee handle, sondern vielmehr um Übergänge, in denen sich die kulturellen und mentalitätsgeschichtlichen Eigenheiten der betroffenen Nationen, Regionen und Volksgruppen spiegeln. Wer sich trotzdem bis dato skeptisch über die Authentizität von so genannten Non-Western-Democracies äußert, der oder die sieht sich zunehmend mit dem (keineswegs unplausiblen) Einwand konfrontiert, mit seiner Kritik nur ein hoch ideologisiertes Selbstbild des Westens fortzuschreiben, der die ›Deutungshoheit‹ über die Demokratie aus lediglich historisch kontingenten Gründen reklamiert.


In interkultureller Provenienz droht sich das Problem der Komplexität, Vieldeutigkeit und Widersprüchlichkeit der Demokratie freilich nochmals um mehrere Potenzen zu steigern. Lässt sich allein aus der Vielfalt westlicher Mo-delle lediglich holzschnittartig und mit enormem reduktionistischem Aufwand ein konsensfähiger Merkmalskatalog der Demokratie herausdestillieren, scheint ein solches Unterfangen unter der Prämisse der demokratischen Autochthonien nahezu aussichtslos. Im wissenschaftlichen Jargon ist infolgedessen seit länge-rem die Tendenz zu beobachten, dem Problem dadurch auszuweichen, indem man den so dehnbaren Demokratiebegriff mit Hilfe von semantischen Konstrukti-onen qualifiziert. Dadurch sollen entweder dominante Phänomene (etwa parla-mentarische, präsidentielle, föderale, zentralistische, plebiszitäre, elitäre Demo-kratie) beziehungsweise hervorstechende Charakteristika (zum Beispiel Input- und Output-, radikale und gemäßigte, Konkurrenz- und Konkordanz-Demo-kratie) in politischen Systemen betont werden, oder aber es wird darauf hinge-wiesen, dass der Grad der Demokratisierung eines Staates respektive einer Ge-sellschaft in signifikanter Weise limitiert ist (gelenkte, geschützte, illiberale, re-striktive, autoritäre, defekte Demokratie). Bisweilen können sich beide Ebenen auch überschneiden (so im Fall der Ein-Parteien- oder militärischen Demokra-tie). Stillschweigend vorausgesetzt (und nicht weiter hinterfragt) wird hier aller-dings, dass eben doch eine Art (normativer) ›Wesenskern‹ oder ein ›Idealtypus‹ der Demokratie existiert, der sich durch solche Adjektive und Attribute präzi-sierend bestätigen oder abwerten lässt. Dass das root concept der Demokratie jedoch seinerseits theoretisch wie empirisch beharrlich umstritten, wenn nicht sogar einfach unklar ist (vgl. Buchstein 2006), wird nicht selten ignoriert oder unzulässig auf periphere räumliche, zeitliche, kulturelle, juridische und ideologi-sche Disparitäten reduziert. Mit anderen Worten, die gegenwärtig zu beobach-tende Inflation von einschlägigen ›Subtypen‹ gibt nachgerade keinen Aufschluss darüber, ob ein allgemeiner Konsens darüber besteht (oder überhaupt bestehen kann), was Demokratie ist und was nicht. Stattdessen wird das Konzept der Demokratie infolge der immer weiter ausgreifenden Etikettierbarkeiten auf derart viele Kontexte ausgedehnt, dass der Begriff schließlich jener amorphen Beliebigkeit zum Opfer zu fallen droht, die mit den erwähnten semantischen Konstruktionen eigentlich bekämpft werden sollte.


Aus diesem Paradox - die Demokratie ist und bleibt ein kontroverser Begriff, doch soll sie gleichwohl als eine Art universaler Maßstab für die Legitimität politischer Herrschaft sowie von gesellschaftlich-kulturellen Praktiken fungieren - resultiert derweil ein gewisses "Unbehagen" an der Demokratietheorie als solcher. Primär ist dies der allseits beachteten Diagnose der "semantischen Verschiebung" geschuldet, die sich "weitestgehend von den partizipativen Momenten, die bislang [noch] alle semantischen Transformationen des Demokratiebegriffs überlebt haben, verabschiede[t]" (Buchstein/Jörke 2003: 471). Davon angesprochen ist die vor allem im Rahmen der Globalisierung von ökonomischen und politischen Räumen um sich greifende Ignoranz zentraler Charakteristika, die einst zweifelsfrei zu den integralen Bestandteilen der Demokratie gehört hatten: politische Selbstbestimmung und Beteiligung, bürgerliches Engagement und soziale Verantwortung, Gleichheit und Volkssouveränität. Aus dem Bemühen, die Theorieentwicklung der Demokratie diesbezüglich an die Faktizität der Integrationsprozesse in internationaler und globaler Hinsicht anzupassen, spricht zwar das verständliche Ziel, die hieraus entstehenden ökonomischen Vorteile auch politisch zu legitimieren sowie mit einer auf Output und rationale Ergebnisse reduzierten Demokratieidee womöglich sogar eine Form des interkulturellen Minimalkonsenses abbilden zu können. Doch erscheint die Applikation des Demokratiebegriffs zur Beschreibung politischer Systeme und Prozesse im Grunde sinnlos, wenn damit indiziert wird, dass es gerade nicht das Volk ist, das herrscht (und im komplexen System der globalen Interdependenzen auch nicht länger herrschen kann).

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  • EditorialCampus Verlag
  • Año de publicación2014
  • ISBN 10 3593399857
  • ISBN 13 9783593399850
  • EncuadernaciónCopertina flessibile
  • Número de edición1
  • Número de páginas639

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Descripción Taschenbuch. Condición: Neu. Neuware - Freiheit und Gleichheit, Volkssouveränität und Repräsentation, Individuum und Gemeinschaft - sechs Paare solcher nicht aufzulösenden Gegensätze bilden in dieser Studie den roten Faden in der Betrachtung zentraler Streitpunkte der Demokratie von der Antike bis zur Gegenwart. Der normative Anspruch der Demokratie erschließt sich uns erst dann, so Hidalgo, wenn wir sie an der Anerkennung der Gleichrangigkeit ihrer widersprüchlichen Ideale messen: Die antinomische Struktur wird so zum Maßstab authentischer Demokratie. Der Autor erprobt die politische Relevanz seiner Untersuchung zudem an aktuellen demokratietheoretischen Debatten, etwa am Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Religion oder an der angeblichen postdemokratischen Bedrohung. Nº de ref. del artículo: 9783593399850

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Descripción Kartoniert / Broschiert. Condición: New. Freiheit und Gleichheit, Volkssouveraenitaet und Repraesentation, Individuum und Gemeinschaft - sechs Paare solcher nicht aufzuloesenden Gegensaetze bilden in dieser Studie den roten Faden in der Betrachtung zentraler Streitpunkte der Demokratie von der Antike b. Nº de ref. del artículo: 4913371

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